Hürde vor der Haustür

Grenzwerte und Vorgaben stoppen den Ausbau von Glasfaser im Landkreis Karlsruhe

Der Kollege erscheint auf dem Bildschirm als gepixelte Darstellung seiner selbst. Am Abend stockt die Lieblingsserie nach wenigen Sekunden. Leistungsstarkes Internet gewinnt nicht nur für die Freizeit, sondern auch für den Arbeitsalltag, Schulunterricht oder ganz praktische Erledigungen eine immer größere Bedeutung. Stichwort: Homeoffice, Homeschooling und digitalisierte Bürokratie.

Der Landkreis Karlsruhe setzt sich als Gesellschafter der 2014 gegründeten Breitbandkabel Landkreis Karlsruhe (BLK) den flächendeckenden Glasfaser-Ausbau als Ziel. Unser Redaktionsmitglied Janina Keller gibt einen Überblick darüber, wo der Kreis inzwischen steht und wo Kommunen an Grenzen stoßen.

Wie weit ist der Glasfaser-Ausbau im Landkreis fortgeschritten?

Potenziell kann die BLK 16.000 Haushalte erreichen. Rund 3.500 Kunden sind bereits am Netz. Zugriff auf das sogenannte Backbone – das Grundnetz – haben 30 der 32 Kreiskommunen. Ausnahmen sind Malsch und Waldbronn.

Wer steckt hinter der BLK?

Neben dem Landkreis gehört zu den Gesellschaftern der BLK auch die TelemaxX Telekommunikation GmbH. Diese setzt sich zusammen aus Städten, Stadtwerken und Energieversorgern wie Baden-Baden, Gaggenau, Bühl, Karlsruhe, Rastatt, Ettlingen, Bruchsal und Stutensee. Gemeinsam wollen die Beteiligten Übertragungsraten von Daten von einem Gigabit pro Sekunde im Wohn- wie auch im Gewerbegebiet erreichen.

Bei über 50 Megabit pro Sekunde ist Schluss mit Förderung

An welche Vorgaben ist der Landkreis gebunden?

Ein öffentlicher Anbieter wie der Landkreis darf nur unter begrenzten Voraussetzungen in den Markt eingreifen. Eine Marktabfrage stellt fest, ob ein privates Unternehmen bereit wäre, den Ausbau in einer bestimmten Region zu übernehmen. Erst dann genehmigen Bund und Land Fördermittel. Dazu kommt die Aufgreifschwelle: Wenn Bürger mit einer Datenübertragung von mehr als 50 Megabit pro Sekunde versorgt sind, darf ein öffentlicher Anbieter nicht agieren.

Welche Probleme bereitet das?

Die Marktabfrage habe zu Beginn ergeben, dass private Unternehmen nicht flächendeckend einsteigen wollen, erklärt Landrat Christoph Schnaudigel. Diese Aussage ist nicht verpflichtend und gilt lediglich zwei Jahre. So würden private Unternehmen letztlich doch einsteigen und dabei oftmals auf ein Backbone zurückgreifen, von dort aus aber veraltete Kupferkabel bis zur Haustür legen, kritisiert Schnaudigel. Das wiederum begrenze die Leistung.

Homeoffice und Homeschooling zeigen die Grenzen der Vorgaben auf

Auch die Aufgreifschwelle sei an Werte gebunden, die nicht zukunftsfähig seien: „50 Megabit sind zu wenig“, so Schnaudigel. Homeoffice, Homeschooling oder Streaming von Serien und Filmen hätten die Netzauslastung in der Corona-Krise innerhalb einer Woche so stark ansteigen lassen wie im gesamten vergangenen Jahr. „Die Krise hat eine Entwicklung vorweggenommen, die sowieso gekommen wäre.“

Welche Folgen haben die Vorgaben zum Ausbau für die Kommunen?

Am Beispiel von Karlsdorf-Neuthard zeigt sich, dass eine Kommune zwar an das Landkreis-Backbone angeschlossen sein kann, Gewerbegebiete vom Glasfaser profitieren, Privathäuser aber nicht, da diese über der Aufgreifschwelle liegen. Die finanzielle Förderung falle somit auch weg, ohne die eine Kommune die flächendeckende Versorgung nicht leisten könne, so Bürgermeister Sven Weigt. „Wir haben die absurde Situation, dass wir die Glasfaserkabel im Ort liegen haben, aber Privathäuser nicht bedienen können.“ Als Kommune sei man machtlos, so Weigt. An manchen Stellen würde zudem eine Doppelverlegung mit Privatunternehmen stattfinden. „Wir brauchen die Infrastruktur aber nur ein einziges Mal. Daran kann dann jeder anknüpfen“, sagt Weigt.

Glasfaser ist Bund und Land Millionen wert

Was muss passieren, dass der Landkreis seinen flächendeckenden Ausbau vorantreiben kann?

Die Marktabfrage sowie die Aufgreifschwelle legen fest, wer an welcher Stelle Glasfaser verlegen darf. Landrat Schnaudigel fordert, die Grenze auf 100 Megabit pro Sekunde hochzusetzen. Zudem solle nicht auf Kupferkabel zurückgegriffen, sondern Glasfaser verpflichtend bis zur Haustür genutzt werden. Für Privatunternehmen lohnt sich der Ausbau oft nur in großen Städten und Gewerbegebieten, da dort entsprechend großes Kundenpotenzial sitzt. Der ländliche Raum bleibt dabei schnell zurück.

Wie hoch ist die Förderung, die der Landkreis bekommt?

Bis zu 90 Prozent der Infrakstruktur für den Glasfaser-Ausbau sind gefördert. Insgesamt geht es dabei um 45 Millionen Euro, 37 Millionen vom Land und acht Millionen vom Bund. Rund 23 Prozent sind bereits ausgezahlt – das meiste davon ist in das Backbone geflossen.

TEXT: Mit freundlicher Genehmigung der BNN
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